Heft 165 • II/2019 : Projektförderung

Name: Heft 165 • II/2019 : Projektförderung
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Projektarbeit und Projektförderung haben in der Kultur eine lange Tradition. Sie sind diesem Arbeitsbereich, in dem die künstlerische Produktion, die Kreativität und Innovation im Zentrum stehen, als Arbeitsmodus und Lebensstil nachgerade inhärent. Routinen, Planstellen, Arbeitsteilung und Normalarbeitstag sind diesem Sektor und seinen Akteursszenen – jedenfalls im nicht-institutionellen, freien Bereich – vermeintlich eher fremd und werden kritisch beäugt. Mit Projektarbeit wird dagegen die Möglichkeit verbunden, sich mit seiner ganzen Persönlichkeit in hierarchiefreien Teams einbringen zu können. Projekte sind insoweit der ideale Arbeitszusammenhang in einer um mehr Autonomie und Selbstbestimmung bemühten Zivilgesellschaft. Weiterlesen

Sie stehen – wenn auch zeitlich befristet – für ein sinnerfülltes Arbeiten mit selbstgesetzten Zielen und versprechen jenen »kulturellen Eigenwert« und jene »affektive Dichte«, die für die neuen Arbeitswelten (vor allem in der Wissens- und Kulturökonomie) typisch sind und eine Versöhnung von Leben und Arbeiten versprachen.

So lauteten die Erzählungen in den 1970er und 1980er Jahren aus der Perspektive der Kreativarbeiter^*innen, jedenfalls werden sie aus der Retrospektive so interpretiert. Doch das Narrativ ist brüchig geworden, seitdem immer deutlicher wird, dass Projektarbeit nicht nur einem selbstbestimmten Wunsch folgt, sondern auch einer ökonomischen und politischen Logik, der zur Folge Projekte eben auch als Mittel der wirtschaftlichen Produktivitätssteigerung und politischen Problembearbeitung eingesetzt werden können – und zwar ganz unabhängig von den Autonomie- und Freiheitsbedürfnissen der kulturellen Szenen. Faktisch speist sich das Wachstum der Projektarbeit so aus einer »pull and push« – Bewegung, deren Zusammenwirken zu mehr Innovation im Kulturbetrieb, aber auch zu einer Überhitzung des Systems und zu einer Ernüchterung bei den kulturellen Akteuren geführt hat.

Im kulturpolitischen Zusammenhang ist deshalb immer häufiger von »Projektitis« die Rede. Darin ist auf den Begriff gebracht, dass etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Dies zeigt sich in der Enttäuschung und Erschöpfung der Kulturszenen, die sich immer stärker einem eng getakteten Wettbewerb um die ausgeschriebenen Mittel ausgesetzt sehen und den damit verbundenen zuwendungsrechtlichen Anforderungen kaum noch gerecht werden. Erkennbar wird es aber auch in ihrer Ernüchterung darüber, unbeabsichtigt zu Komplizen einer (neoliberalen) Entwicklung im »ästhetischen Kapitalismus« (Andreas Reckwitz) geworden zu sein, für den die kulturell innovativen, aber sozial prekären projektbezogenen Arrangements hoch funktional sind.So wächst gegenwärtig der Unmut über das System der Projektförderung, über den Stress, den es bei allen Beteiligten verursacht, über die schlechte Bezahlung der kreativen Mitarbeiter*innen und über die Zumutungsverhältnisse, denen die Projektträger ausgesetzt sind, weil nicht zuletzt das Zuwendungsrecht und die Zuwendungspraxis noch aus einer anderen Welt stammen und zur Gegenwart nicht mehr passen.

Politik und Verwaltung haben dies erkannt und bemühen sich um Reformen und angemessenere Konzepte. Es scheint, als sei die Zeit reif, endlich bessere Rahmenbedingungen für die Projektarbeit zu schaffen und damit ihre enorme Produktivität und Innovationskraft anzuerkennen und angemessen zu honorieren. Mit unserem Schwerpunkt wollen wir diesen Prozess unterstützen.

Kategorie: Kulturpolitische Mitteilungen

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Editorial

Norbert Sievers S.3

Kulturpolitik aktuell

Erinnerungskultur ist nötiger denn je (Melanie Bernstein MdB) S.6
Unter Druck – Freiheit und Kunst (Erhard Grundl MdB) S.8
Kulturpolitik: zukunftsorientiert, optimistisch, vernunftbasiert Küppers geht in den aktiven (Un)Ruhestand (Hans-Georg Küppers) S.10
Bildung und Kultur in der Stadt Positionspapier des Deutschen Städtetags zur kulturellen Bildung (Dieter Rossmeissl) S.12
Potentiale der öffentlichen Bibliotheken wirklich nutzen Für ein »Bibliotheksstärkungsgesetz« in NRW (Lorenz Deutsch MdL) S.14
Mehr als ein Kulturförderbericht … (Carmen Emigholz) S.16
Die Zukunft hat begonnen Der Dialog »Kulturpolitik für die Zukunft« in Baden-Württemberg (Petra Olschowski) S.18
40 Jahre und in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren feiert Jubiläum (Norbert Sievers / Ulrike Blumenreich) S.20
Kampagne: KULTUR wählt DEMOKRATIE… vom Heimatmuseum bis zur Oper! (Anne Pallas) S.22
Bewegte Zeiten Rückblick auf die Integrations- und Migrationspolitik der letzten Jahre (Franz Kröger) S.24
Kulturförderung in ländlichen Räumen TRAFO veröffentlicht Impulspapier mit Empfehlungen (Christine Wingert) S.25
Neue Heimatklänge Offene Ohren für Globale Musik(Birgit Ellinghaus) S.26
Ein Freiheitskampfdenkmal für Vilnius – 30 Jahre Ringen um eine angemessene Form des Erinnerns in Litauen (Audrone Rimkute) S.28
15 Jahre Agenda 21 für Kultur Kulturpolitik in kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien (Christine Wingert) S.31
»History defines our future« – really? (Jochen Butt-Pośnik) S.32
Kreatives Europa Kultur digital Kunst und Kultur für alle? (Christina Kalka) S.33

Kupores quartal

Moralisch bis zur Ratlosigkeit (Peter Grabowski) S.34

Thema: Projektförderung

Projektförderung Innovations- und Risikofaktor (Norbert Sievers) S.37
Projektförderung im Kunst- und Kulturbereich aus der Grundrechtsperspektive (Eckhard Braun) S.42
Modernisierung des Zuwendungsrechts. Der aktuelle Stand in Nordrhein-Westfalen (Rainer Bode / Gerhard Vogt) S.45
Modernisierung der Zuwendungspraxis und des Zuwendungsrechts in RLP (Thomas Esper) S.48
Freie Kunst und Kultur in Leipzig Mehr Geld, erhöhte Transparenz, bessere Vernetzung (Skadi Jennicke) S.50
Zeitgemäße Förderstrukturen für die freien darstellenden Künste (Anne Schneider) S.52
Das Zürcher Fördermodell für Theater und Tanz (Peter Haerle) S.54
Projektförderung und Nachhaltigkeit (Henning Mohr / Jasmin Vogel) S.57

Debatte

Ist kulturelle Bildung Bildung zur Demokratie (Dieter Haselbach) S.61
Kulturelle Bildung als Demokratiebildung (Eckhard Braun) S.63
Ulrich Eckhardt Sein beeindruckender Berliner kulturpolitischer Tätigkeitsbericht (Olaf Schwencke) S.65
Grüne Liste S.66

Kulturpolitikforschung

Publikumsgewinnung in der freien Szene Besucherbefragung in Köln und ihre Konsequenzen für die städtische Kulturpolitik (Tibor Kliment / Barbara Foerster) S.69

Kulturplanung mit Wirkung

Wie wollen wir zusammenleben? Ein Blick in die Kulturkonzeption Kassel 2030 (Patrick S. Föhl / Yvonne Pröbstle) S.73
Ravensburger Kulturkonzeption – und dann? Entstehung, Status quo und Ausblick einer Kulturkonzeption (Verena Müller) S.76
Im Wortlaut
Bildung und Kultur in der Stadt Positionspapier des Deutschen Städtetages zur kulturellen Bildung (Deutscher Städtetag) S.78

Projekte | Initiativen

Willkommen im echten Leben Besuch in der »Digitalen Kneipe« (Christiane Busmann / Stephan Us) S.81
c/o pop 2019 Umzug in umkämpftes Umfeld (Ole Löding) S.82
K² – Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen (Franziska Schönfeld) S.84
Geschichte gemeinsam verhandeln Über die Verbindung von historischem Lernen mit kunstnahen Prozessen (Eva Kolm / Roman Schanner) S.86
Nachmachen ausdrücklich erwünscht! Das Bundesprogramm »UTOPOLIS – Soziokultur im Quartier« (Kristina Rahe) S.88

Rezensionen

Eckhard Braun, Kurt Eichler, Wolfgang Hippe, Tobias J. Knoblich, Dorothea Kolland und Patrick Todjeras S.90
Zeitschriftenfenster S.95

Nachrichten

Pinboard S.96
Tagungshinweise S.102
Autor^*innen S.103
Impressum S.104
Jahresüberblick 2018 S.105

Förderung und Kooperation

Gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen

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