Heft 164 I/2019: Klimagerechte Kulturpolitik

Name: Heft 164 I/2019: Klimagerechte Kulturpolitik
SKU: 7945
Price: 8.50 EUR
Availability: InStock

8,50€

Viele der Erwachsenen hätten noch nicht gemerkt, »dass es fünf vor zwölf ist«, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Anfang März zu Schüler*innen einer »Fridays For Future«-Mahnwache vor dem Rathaus in Neumünster. »Deshalb ist es so wichtig, dass Ihr Euch zu diesem Thema meldet und immer darauf aufmerksam macht, dass wir was tun.« Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt nun also auch das Staatsoberhaupt das Engagement der Schüler*innen für mehr Umweltschutz und Klimabewusstsein. Das ist ein erstaunlicher Vorgang, beinahe ein Offenbarungseid der Politik. Unsere höchsten politischen Repräsentant*innen, die lange genug deutsche und europäische Politik gestaltet haben, ermutigen Kinder und Jugendliche, der Politik in Sachen Klimapolitik Beine zu machen? Dies zeigt, wie ernst die Lage ist. Weiterlesen

Und die Kulturpolitik? Was sagt die Kulturpolitik zu dem Menschheitsproblem des Klimawandels? Gar nichts – jedenfalls gemessen an der Aufregung, mit der sie sich bei wesentlich weniger bedrohlichen Problemen gesellschaftspolitisch in Szene setzt. Dabei wähnt sie sich doch an der Spitze des gesellschaftlichen Fortschritts und der Reflexion darüber, was diesem guttun könnte. Es sind doch die von ihr geförderten Institutionen, in denen das gesellschaftliche (Selbst-)Gespräch über eine humanistische und auf jeden Fall entwicklungsoffene Zukunft stattfinden soll. So besagt es jedenfalls der Rechtfertigungskonsens, mit dem Kulturpolitik seit Jahrzehnten punktet. Und jetzt so still? Wie kommt das? Kann es sein, dass sie Angst vor der Debatte hat? Kann es sein, dass sie insgeheim längst realisiert hat, dass sie in diesem Diskurs schlechter aussehen würde als sonst, weil sie nicht nur die Lösung, sondern auch ein Teil des Problems ist?

Die Begründungslogik der Kulturpolitik, auch und gerade der »Neuen Kulturpolitik«, ist auf Wachstum ausgerichtet. »Kultur für alle« und »Kulturelle Vielfalt« sind – genau besehen – auch Wachstumsformeln. Jedenfalls werden sie so ausgelegt. Erweiterte Teilhabeansprüche und gestiegener Erlebnishunger, gestärkt durch ein selbstverständliches Berechtigungsbewusstsein, bilden dafür die Grundlage. Es besteht ein unverbrüchliches Einvernehmen darin, dass Kulturpolitik Optionsvielfalt herzustellen und generell der Entgrenzung das Wort zu reden hat. Verschwendung hat einen positiven Klang im Kunstdiskurs, Verzicht und Begrenzung kommen darin kaum vor. Kulturpolitik kann in diesen Kategorien gar nicht denken, weil dies Ihrer Meinung nach die Vokabeln der Gegenerzählung sind, wenn nicht der Gegenaufklärung. Kulturpolitik läuft so Gefahr, zur Gefährtin der Wachstums- und Steigerungslogik zu werden. Kann es sein, dass auch dies die »bestehende Ordnung der ökologisch-sozialen Nichtnachhaltigkeit eisenhart stabilisiert«? (s. Ingolfur Blühdorn in diesem Heft)

Doch wo die Not groß ist, wächst auch das Rettende. Dafür stehen die jungen Klimaaktivisten, aber auch viele programmatische und praktische Initiativen, um Kulturpolitik und Kultureinrichtungen klimagerecht auszurichten. Sie zeigen: Es ginge auch anders. In diesem Heft wird darüber berichtet. Es ist ein Anfang, Fortsetzung folgt.

Kategorie: Kulturpolitische Mitteilungen

Beschreibung
Bewertungen (0)

Beschreibung

Editorial

Norbert Sievers S. 3

Kulturpolitik aktuell

KULTUR.MACHT.HEIMATen – Problemaufriss zum 10. Kulturpolitischen Bundeskongress (Norbert Sievers) S. 6
Ist Europa noch zu retten? (Olaf Schwencke) S. 9
Freistaat Sachsen! Dunkeldeutschland? Blaues Wunder? Kulturpakt! (Thomas Früh) S. 10
Heimat gestalten – Perspektiven der Thüringer Schlösser, Burgen und Gärten (Benjamin-Immanuel Hoff) S. 12
Kulturpolitik in Hessen – Nach dem Ziel ist vor dem Plan (Bernd Hesse) S. 14
»Ein Kulturfördergesetz ist ein scharfes Schwert, Zielvereinbarungen sind stumpf!« – SPD Kulturforum fordert »Kulturgesetz für Niedersachsen« (Dagmar Schlapeit-Beck) S. 16
Vom Kampf gegen das Künstlerprekariat in Brandenburg (Eckhard Braun) S. 18
Die Kulturstrategie der Stadt Nürnberg – Perspektiven für eine rollende Planung (Julia Lehner) S. 20
Für ein Europa der Vielen – Wir sind Viele – jede*r Einzelne von uns (Holger Bergmann) S.22
Generation(en) Wechsel – Intergenerationelles Kulturpolitisches Kolloquium in Loccum zur Rolle der Kulturpolitik in institutionellen Veränderungsprozessen (Birgit Mandel) S. 24
»Alter ist keine kulturpolitische Kategorie« – Tagungseindrücke im Generationenmix (Mara Käser / Gerd Dallmann) S. 26
Schwarz (türkis)–blaue Kulturpolitik in Österreich – Ein Gespräch mit Michael Wimmer/EDUCULT (Michael Wimmer) S. 28
EU-Kulturpolitik im Zeichen von Dialog, Nachhaltigkeit und Zusammenhalt – Neue europäische Agenda für Kultur und Arbeitsplan für Kultur 2019–2022 (Barbara Neundlinger) S. 30
RomArchive – Digitales Archiv der Sinti und Roma (Isabel Raabe / Franziska Sauerbrey) 32
Von den Niederlanden lernen? 25 Jahre konzeptbasierte Kulturpolitik im Rahmen des Cultural Policy Act (Birgit Mandel) S. 34
»Read the f*§#ing manual!« – Auf dem Weg zu größeren europäischen Kooperationsprojekten von guten Beispielen lernen(Jochen Butt-Pośnik) S. 36
Europas sprachliche Vielfalt – KREATIVES EUROPA KULTUR fördert Literatur (Sophia Hodge) S. 37
kupores quartal: Für eine neue Neue Kulturpolitik (Peter Grabowski) S. 38

Thema: Klimagerechte Kulturpolitik

Wer verstanden hat und nicht handelt, hat nicht verstanden – Kulturwandel in der Kommune (Eva Leipprand) S. 41
Der kulturelle Hintersinn der Nachhaltigkeit (Wolfgang Sachs) S. 44
Alternative Fakten, Nicht-Nachhaltigkeit und Kulturpolitik (Ingolfur Blühdorn) S. 46
Sustaining Great Art and Culture – »Kunst- und Kulturorganisationen führen uns exemplarisch vor Augen, wie wir alle aktiv werden und Wandel vorantreiben können« (Nicholas Serota) S. 48
Kulturpolitik als Kulturkritik (Davide Brocchi) S. 50
Kultur schafft Gesellschaft (Monika Griefahn) S. 52
Resilienz und Stadtentwicklung (Thomas Sieverts) S. 54
Welche Konzepte hat die Kunst im Umgang mit globalen Herausforderungen? (Adrienne Goehler) S. 58
Kann Theater klimagerecht sein? Britisches Ideal versus deutsche Gemächlichkeit (Anika Neugart) S. 60
Nachhaltigkeit als kulturpolitisches Ziel – Der Fonds Nachhaltigkeitskultur (Matthias Rauch) S. 64
Zukunftsfähigkeit – (k)ein Thema für soziokulturelle Zentren (Christian Müller-Espey) S. 66

Debatte

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Zeit für Debatte und Reform (Tobias J. Knoblich) S. 69
Grüne Liste S. 72

Kulturpolitikforschung

Kulturfinanzbericht 2018 (Ulrike Blumenreich) S. 75
Prekär ist längst regulär, sicher nur die Unsicherheit – Zur sozialen Lage der Kunstschaffenden und Kulturvermittler*innen in Österreich (Yvonne Gimpel) S. 78

Kulturplanung mit Wirkung

Das Zukunftslabor Kultur als Veränderungstreiber – Zukunftsforschung mit Wirkung (Birgit Schneider-Bönninger / Susanne Haist) S. 81

Projekte | Initiativen

Selbstversuch – Klimaneutrale Kulturveranstaltungen in der soziokulturellen Praxis (Kristina Gruber / Walter Spruck / Christian Müller-Espey) S. 85
GoldfischMOB am Deich – Partizipative LandArt als künstlerische Intervention (Christiane Ahlers / Christine Wingert) S. 86
Vorhandene Freiräume nutzen – Landeswettbewerb MV für kreative Raumpioniere (Corinna Hesse) S. 88
»Fette Elke« – Ein Auto bringt urbane Kultur in die Provinz (Sebastian Schubert) S. 90
Jedes Detail zählt – Das Heimatstipendium der Kunststiftung Sachsen-Anhalt (Manon Bursian) S. 92
Platz da! Für Stadtentwicklung, die alle etwas angeht (Viktor Dallmann) S. 94

Rezensionen

Katja Drews, Ralf Ebert, Kurt Eichler, Max Fuchs, Wolfgang Hippe, Tobias J. Knoblich, Franz Kröger, Ole Löding, Thomas Schulte im Walde und Birgit Wolf S. 96
Zeitschriftenfenster: Eine Frage der Haltung? Museen in der Werte-Debatte (Franz Kröger) S. 101

Nachrichten

Pinboard S. 102
Tagungshinweise S. 108
Autor*innen S. 109
Impressum S. 110

Förderung und Kooperation

Gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen

Bewertungen

Es gibt noch keine Bewertungen.

Schreibe die erste Bewertung für „Heft 164 I/2019: Klimagerechte Kulturpolitik“

Du musst angemeldet sein, um eine Bewertung abgeben zu können.